Stefanie Kremser
Film. Buch.
St.P. e la tarantola
Ode a Sao Paulo

Ein Dokumentarfilm von Stefanie Kremser und Edoardo Winspeare. Kamera: Stefanie Kremser/ Ton: Rocco Martella/ Schnitt: Michael Feick

Produziert von der Hochschule für Fernsehen und Film 1990/ Länge: 30 Minuten

Wenn es in Apulien, am südlichen Ende Italiens, Frühling wird, treten die ersten Fälle des Tanzwahnsinns auf: Meistens sind es Frauen, die taumelnd in dem Bedürfnis nach Liebe die Tage und Nächte durchtanzen. Sie sagen lediglich, sie seien von der Tarantel gebissen worden. Und dann geben sie ihrem inneren Verlangen nach und bewegen sich glückselig zum Rhythmus der Schellen und Trommeln und Geigen.

Tarantate heißen die Besessenen, die Gebissenen, die Tanzenden. Gehörlos und blind verharren sie, bevor Musiker und Verwandte herbeigerufen werden. In weiße Kleider werden die Tarantate gehüllt und auf ein Laken gestellt. Das ist die karge Bühne des glühenden Tanzes. Die Musiker beginnen die ersten Takte anzuschlagen, und erst wenn sich das "Tarantelopfer" zum Takt bewegt, kann die "Heilung" beginnen. Unter gellenden Schreien und Leidensrufen bewegt sich der Tänzer wie die schwarze Sonnenspinne selbst. Er reißt die Arme hoch und gibt sich mit ruckartigen Bewegungen den Schellenklängen des Tamborins hin. Die Welt hat aufgehört zu existieren.

Es heißt, dass alles mit einer tragischen Liebesgeschichte begann: die Legende von einer wunderschönen Frau namens Genevra, die alle Männer in ihrem Dorf ablehnte, bis sie einen schiffbrüchigen Griechen am Strand fand und sich in ihn verliebte. Sie wollten heiraten und er brach auf, um es seiner Familie zu sagen. Viele Tage wartete Generva auf die Rückkehr ihres Geliebten. Als sie ihn endlich auf seinem Schiff sah, kamen Piraten und brachten den jungen Griechen vor den Augen Genevras um. Von nun an schwieg sie und benahm sich wie eine Verrückte. Als die Dorfbewohner wissen wollten, was geschehen war, antwortete Genevra: "Eine Tarantel kam auf mich zu und hat mich gebissen." So war Genevra eine der ersten Tarantate. Und sie tanzte viele Nächte lang ohne zu schlafen. (Text: Ekkehart Baumgartner)

Der Film ist in Apulien zum Kultfilm geworden und wird seit 1991 auf internationalen Festivals und Filmreihen gezeigt. Hier eine Auswahl:

1991: São Paulo International Film Festival

1992: Internationales Dokumentarfilmfest München

1993: New York St. Nicholas Festival
2000: Festival Archipelago Rom und 2004: Festival Images, Vevey

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